Ein Lauf fragwürdiger Entscheidungen

Grossratsgeflüster vom 12.08.2020 von Alban Imeri, Kantonsrat Romanshorn

Die erste Grossratssitzung nach den Sommerferien fand wie vor der Sommerpause Corona-bedingt wiederum in der Rüeggerholzhalle in Frauenfeld statt. Die Sitzung begann mit der Behandlung der Rechenschaftsberichte der kantonalen Gerichte, welche ohne Diskussion genehmigt wurden. Ein wichtiges Thema der Richterinnen und Richter sind die personellen Ressourcen, welche auch aufgrund der immer grösseren Komplexität der Fälle nicht mehr ausreichen und sich daher Pendenzen aufstauen.

Die parlamentarische Initiative «Deregulierung für eine bessere Erdwärmenutzung» wurde in den vorangehenden Sitzungen behandelt und nun noch in der Schlussabstimmung verabschiedet. Die zweite Lesung des kantonalen Geldspielgesetzes verlief ebenfalls nach einer ausführlichen Debatte in der ersten Lesung diskussionslos.

Die erste breite Diskussion des Tages startete mit der Motion der SP-Kantonsrätinnen Sonja Wiesmann und Nina Schläfli zur Schaffung der Grundlage, damit eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) bei Bedarf eingesetzt werden kann. Eine PUK kommt in der Regel nur in schwierigen Ausnahmesituationen zum Einsatz. Die Regierung und die meisten bürgerliche Parteien sahen es nicht als erforderlich an, dieses Instrument einzuführen, da man in der Vergangenheit keinen Bedarf hierfür sah und für spezielle Fälle individuelle Lösungen gefunden hat – eine sehr fragwürdige Haltung, hat doch eine PUK eine wesentliche stärkere Ausstrahlungskraft, kann individuell aus den Mitgliedern des Grossen Rates zusammengesetzt werden und erhält weitergehende Kompetenzen. Nur weil man aktuell oder in naher Vergangenheit keinen direkten Bedarf sah, kann man daraus nicht allgemein ableiten, dass dieses Instrument nie benötigt werden soll oder soll man dann in einer Hauruck-Übung die Grundlage schaffen, wenn es die Situationen dann doch noch bedarf? SP-Kantonsrätin Nina Schläfli und Grünen-Kantonsrat Jost Rüegg brachten es mit der Aussage auf den Punkt, dass 19 kantonale Regierungen und Parlamente keine Probleme mit der PUK hatten und der Thurgau nun sehr grosse Schwierigkeiten damit haben soll. Die Regierung kann zwar individuell eine Untersuchungskommission einberufen, wie es im Fall Hefenhofen der Fall war (jedoch mit Verzögerung), jedoch ist das Parlament dann darauf angewiesen, dass die Regierung dies auch macht, statt selbst zeitnah eine PUK einsetzen zu können. Die Motion wurde letztendlich mit 81 Nein zu 36 Ja Stimmen verworfen.

Der nächste fragwürdige Entscheid folgte bei der Diskussion, ob das Stimmrechtsalter auf 16 gesenkt werden soll. Argumente wurden angeführt, dass Jugendliche nur teilnehmen würden, wenn das Thema wenig komplex ist oder es sie interessiere, generell kein Interesse bekundet würde und man den Jugendlichen nichts wegnehme, wenn sie dieses Recht nicht erhalten. Wenn man die Argumente unabhängig des Alters betrachtet, könnte man diese Argumente auch gegen die über 18-Jährigen anwenden, aber komischerweise soll dies nur bei den 16- und 17-jährigen ein Problem sein. Die Motion wurde schliesslich von der bürgerlichen Mehrheit mit 78 Nein zu 41 Ja Stimmen abgelehnt.

Die bürgerliche Mehrheit dachte gar nicht daran, ihren Lauf fragwürdiger Entscheide zu bremsen und nahm das Melderecht mit 85 Ja zu 38 Nein an, welches erlauben soll, dass Berufsgeheimnisträger melden dürften, falls sie Informationen über die mögliche Gefährdung der Sicherheit einer Person haben sollten. Was sich eigentlich gut anhört, wird wahrscheinlich dazu führen, dass die Regierung eine Fristverlängerung beantragen wird, um das Polizeigesetz zu revidieren, da die Einführung des Melderechts sowieso vorgesehen ist und von einer zweimaligen Revision des gleichen Gesetzes innert kurzer Zeit abgesehen wird. Die gleichen Kreise, die stets auf Sparen pochen, verpulvern hier Geld für etwas, was unbestritten ist.

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