Ausnahmsweise folgt das Grossratsgeflüster mal nicht nach der letzten, sondern vor der nächsten Sitzung. Aber am 22. März ging es los. Und zwar mit feurigen Voten, die gemäss Präsidentin Barbara Dätwyler durchaus Platz haben, begann die 1. Lesung zum Gastgewerbegesetz. Im zweiten Teil behandelte der Grosse Rat den Versuch der SVP, den Thurgauer Klimaschutz zu torpedieren.
Es zeigt sich, wie unfähig der Wirt, aus der Sicht verschiedener Kantonsräte im Rahmen der Diskussion ums neue Gastgewerbegesetz angesehen wird. Der Antrag vonseiten der Mitte, den Artikel: «Der Ausschank von alkoholischen Getränken an offensichtlich betrunkene Personen ist verboten», wird nach reger Diskussion abgelehnt. Jetzt geht es ums Alter.
Dürfen Kinder und Jugendliche, die nicht 16 Jahre alt sind, nur bis 22:00 Uhr ohne Eltern im Restaurant sein? Sollen junge Menschen mit ihren Kolleg:innen und der:dem Trainer:in nach dem Training heim, weil sie erst kurz nach 22:00 Uhr ins Restaurant gehen, weil sie noch nicht 16 sind? Das ist die Grundlage der regen Diskussion, die letztendlich mit einer knappen Ablehnung des Antrags «Streichung des Artikels» mit 59 zu 58. Nun doppelt Nina Schläfli nach. Sie beantragt, den Artikel beizubehalten, aber das Alter auf 12 Jahre zu senken. Dieser Kompromissantrag wurde mit 69 Ja und 51 angenommen. Bleiben wir bei der Wirtschaft und gehen zum Geld. Das Finanzhaushaltsgesetz schaffte die zweite Lesung jedoch problemlos.
Frischer Wind im Saal. Denn nun wurde es für die 30 Mitglieder und Sympathisant:innen des Vereins «Freie Landschaft Thurgau» auf der Tribüne interessant. Es wird über die parlamentarische Initiative «Mindestabstände zu Windkraftanlagen; Betroffene schützen und Rechtssicherheit schaffen» gesprochen. Sie fordert, dass mindestens dreimal die Höhe des Rades als Abstand zu einem Wohnhaus eingehalten werden muss. Sonja Wiesmann meint in ihrem Votum, dass die Annahme der parlamentarischen Initiative die Erstellung von Windenergieanlagen im Thurgau praktisch verunmöglicht. Dieser Umstand widerspricht völlig der Energiestrategie des Kantons Thurgau. Wo Potenzial für die Nutzung von Windenergie vorhanden ist und die gesetzlichen Richtlinien und Vorschriften eingehalten werden, soll es auch genutzt werden können. Eine minimale Abstandsvorschrift zu einer Lärmquelle zu definieren, scheint nicht zielführend.
Es wird der Lärm am Empfangsstandort gemessen. Als Bewohnerin einer Liegenschaft, interessiert mich weniger der Abstand zur Lärmquelle, viel mehr interessiert es mich, wie viel Lärm ich effektiv habe. Der Regierungsrat hat klar aufgezeigt, dass die bereits bestehenden Regelungen für die Erstellung von Windenergieanlagen klar ausreichend sind. Dementsprechend wird die Fraktion SP und Gewerkschaften sowie die Grünen, Nein zu diesem Vorstoss sagen. Die Mehrheit des Kantonsrates schliessen sich der fundierten und richtigen Meinung der SP an. Sonja schaffte es, den Grossen Rat mit viel Leidenschaft zu überzeugen. Der Kantonsrat lehnte das Geschäft deutlich, mit 78 zu 38 Stimmen, ab.
Jacob Auer, 22. März 2023