Die SP-Fraktion sieht rot (4. Dezember 2024)

Das heutige Grossratsgeflüster wurde von Kantonsrätin Sandrine Nikolic-Fuss aus Bettwiesen verfasst.

 

Grossratsgeflüster vom 04. Dezember 2024

Die gestrige Budgetdebatte im Grossen Rat war ein echtes Schauspiel der Demokratie – mit roten Köpfen, hitzigen Diskussionen und einer Prise Humor. Für mich persönlich war es eine Premiere – ich startete voller Hoffnung in den Tag. Doch schnell wurde klar: Hoffnung und Realität liegen oft weit auseinander.

Morgen: Ein Auftakt mit Disziplin (oder auch nicht)

Der Präsident eröffnete die Sitzung mit einem klaren Appell: «Kurz, präzise, diszipliniert.» Doch wie so oft verlief die Realität anders: Die ersten Voten schwelgten in langen Reden, und die geforderte Sachlichkeit schien weit weg.

Besonders kontrovers war der Versuch eines SVP-Mitglieds, die Redezeit auf eine Minute zu begrenzen nach nicht mal 2 Stunden Sitzung. Geduld war an diesem Morgen sicher nicht seine Stärke.

Am Vormittag wurden sämtliche eingereichten Anträge abgelehnt, was bei vielen Parlamentarier:innen für Ernüchterung sorgte. Die SP-Fraktion, voller Engagement gestartet, sah sprichwörtlich langsam rot.

Mittagszeit: Der Samichlaus bringt Hoffnung

Pünktlich zum Mittagessen kehrte neue Energie ein, und der symbolische Besuch des Samichlaus brachte zumindest etwas Hoffnung. Der Antrag von Kantonsrat Reto Ammann zur Wiedereinführung einer gestrichenen Stelle bei der Staatsanwaltschaft wurde angenommen.

Doch die Freude währte nur kurz: Die Streichung wichtiger Positionen im Amt für Migration und bei der Kantonspolizei wurde zwar scharf kritisiert, doch Worte allein konnten diese Stellen nicht zurückholen. Es bleibt ein bedrückendes Sinnbild, dass im neuen, 40 Millionen teuren Verwaltungsgebäude eine leere Stelle an der Rezeption den Empfang von Besucher:innen symbolisch (nicht) gestaltet.

Nachmittag: Ein Volltreffer für Jäger und Polizisten

Ein Höhepunkt des Nachmittags war die Debatte um das neue Schiessausbildungszentrum in Müllheim. Mit 10,121 Millionen Franken wurde der Objektkredit klar genehmigt. Die Anlage wird sowohl Jäger:innen als auch der Kantonspolizei als Ausbildungsstätte dienen – ein effizienter Ansatz, der viele überzeugte.

Kritiker warnten vor möglichen Umweltfolgen, doch die Mehrheit liess sich von der Doppelnutzung und den Einsparungen im überarbeiteten Projekt überzeugen. Der Grosse Rat lehnte Kantonsrat Engeli-Sagers (Grüne, Kreuzlingen) Streichungsantrag mit 113 Nein- zu 8 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen klar ab. Der Grundstückerwerb wurde mit 115 Ja-Stimmen ebenso deutlich angenommen.

Ein Gedanke drängte sich auf: Hätten die Parlamentarier:innen für Arbeitsstellen und Sozialleistungen genauso leidenschaftlich gestimmt wie für den Schiessstand, wäre der Tag sicherlich fröhlicher verlaufen.

 

Abschluss: Steuerfuss und Ernüchterung

Zum Ende des Tages stand die Debatte um den Steuerfuss im Fokus. „Ohne Steuerfusserhöhung fahren wir mit 80 km/h gegen die Wand und drücken dabei noch aufs Gaspedal.“ Dennoch blieben die Forderungen-4 und 8 Prozentpunkte- stark umstritten und hatte schliesslich keine Aussicht auf Erfolg.

Ein ernüchterndes Fazit nach dem langen Tag:

  • Erfolgsrechnung: +119’000 CHF.
  • Investitionsrechnung: 200 CHF gespart.
  • Defizit: 62 Millionen CHF bleibt bestehen, ebenso wie die Nettoinvestitionen von 103 Millionen CHF.

 

Urs Martin resümierte: «Viel gesagt, aber wenig erreicht. Die Steuererhöhung ist leider nötig, sonst kommt die Quittung in Form einer Schuldenwirtschaft.» Eigentlich äusserte er damit genau unsere Meinung – vielleicht hätten wir ihm direkt die Mitgliedschaft in der SP anbieten sollen.

Fazit des Tages: Hoffnung und Realität

Die gestrige Sitzung war ein Paradebeispiel für die Herausforderungen der Demokratie: leidenschaftliche Debatten, oft jedoch ohne greifbare Ergebnisse. Die SP-Fraktion setzte sich vehement für soziale Anliegen und den Naturschutz ein, meist ohne durchschlagenden Erfolg. Doch selbst kleine Errungenschaften, wie die Rettung einzelner Stellen, machen deutlich, dass Beharrlichkeit nicht umsonst ist.

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