Drah di net um, der Genderstern geht um… (13. August 2025)

Christian Koch, Matzingen

Das heutige Grossratsgeflüster wurde von Kantonsrat Christian Koch aus Matzingen verfasst.

Grossratsgeflüster vom 13. August

Nach den langen Ferien trifft sich die Fraktion wieder am (zu) frühen Mittwochmorgen im Rathaus zu Frauenfeld. Es geht die Treppe runter für uns Kellerkinder. Aber wenigstens funktioniert die Kaffeemaschine – brav ein Strichli machen – und es hat auch wieder Gipfeli und Brötli. Nach effizienter (gemäss versiertem Fraktionsmitglied hier korrekt verwendet: wenig Zeit pro Geschäft) Sitzung erklimmen wir das obere Stockwerk und betreten den klimatisierten Grossratssaal.

 

Die Rechenschaftsberichte des Obergerichts, des Verwaltungsgerichts sowie der Rekurskommission in Anwaltssachen geben zu keinen Diskussionen Anlass und werden ohne Gegenstimme genehmigt. Auch die erste Lesung der Änderung des Krankenversicherungsgesetzes wirft keine hohen Wogen. Ebenso wenig vermag die Überführung zweier Parzellen aus dem Landkreditkonto ins Finanzvermögen die Kantonsparlamentarier zu grossen Sprüngen zu verleiten. Ein Bild trauter Einigkeit, keine Gegenstimme.

 

Doch dann kommt DAS Geschäft des Tages. Wir beraten eine weltbewegende Motion. Klimawandel? Altersvorsorge? Kaufkraft? Nein, die Motionär:innen wollen nichts weniger, als die deutsche Sprache schützen – wohl vor den Sprechern. Wer nun ein feuriges Plädoyer für die angemessene Verwendung des Dativs erwartet oder aber von einer Forderung nach Beachtung der Rechtschreibung in Beiträgen in den sozialen Medien ausgeht, sieht sich enttäuscht. Die einzige Gefahr, welche ausgemacht wird, geht von einem Sternchen aus. Der Kanton Thurgau muss, so die Motionär:innen, in diesem Bereich dringend rechtssetzend tätig werden. Sonst droht der Untergang der Sprache, der Nation, ja der Menschheit. Nicht dass eine solche Schreibweise vom Rat für deutsche Rechtschreibung überhaupt als zulässig erklärt worden wäre, aber man kann ja vorausschauend einmal beginnen in die Sprache per Gesetz einzugreifen und bestimmte Schreibweisen, Wort oder Ausdrucksweisen zu verbieten. Die zu schaffende Gedankenpolizei wird dann diejenigen vaporisieren, die sich eines solchen Denkens schuldig machen. Die Fraktion SP und Gewerkschaften fand ein solches Ansinnen doppelplus ungut. Mit 61 zu 60 Stimmen hat der Rat letztlich nach emotionaler Diskussion das Vorhaben abgelehnt. Erschreckend knapp, aber dennoch…   

 

Der letzte Punkt auf der Traktandenliste erhitzte die Gemüter dann wiederum nicht weiter. Mit grossem Mehr (gegen die Stimmen der Grünen) erklärte der Rat eine Motion erheblich, welche bei Begründungsverzicht eine Reduktion der Gerichtskosten verlangt. Eine Praxis, die in anderen Kantonen längst angewandt wird. Kurz vor zwölf schloss der Präsident die Sitzung und die Parlamentarier zerstreuten sich mit dem guten Gefühl, die Traktanden abgearbeitet zu haben.

Ansprechpartner:innen zu diesem Thema

Christian Koch

Christian Koch

Kantonsrat, Vize-Fraktionspräsident

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