Das heutige Grossratsgeflüster wurde von Kantonsrat Christian Koch aus Matzingen verfasst.
Der Grossrat kommt auf den Hund und will nicht entschleunigen
Grossratsgeflüster
Am sehr frühen Montagmorgen trudeln die Fraktionsmitglieder der SP mehr oder weniger pünktlich im Löwen ein. Gleich drei Kandidaten stellen sich als potenzielle Mitglieder der Rekurskommission in Anwaltssachen bei uns vor. Tja, ein Job ohne Arbeit scheint beliebt zu sein. Zwischen den juristischen Selbstbeweihräucherungen werden die weiteren Traktanden abgehandelt.
Nach der Fraktionssitzung zirkeln wir uns unter Zeltabspannungen durch und um ausgefahrene Stützen herum irgendwie zur Tür des Rathauses zu Weinfelden. Dann ertönt das Glöckchen des Grossratspräsidenten, die Sitzung beginnt. Zunächst steht der Hund auf der Tagesordnung. Reihum bellen die Fraktionssprecherinnen und Fraktionssprecher ins Mikrophon. Die Flohtaxis werden einerseits hoch gelobt und andernorts die uneinsichtigen und rücksichtslosen Halter:innen getadelt. Nachdem alle zum Eintreten lang und breit gekläfft haben, bleibt es in der Detailberatung mehr oder weniger ruhig. Niemand mag zu den einzelnen Artikeln ernsthaft knurren.
Bleifüsse des Grossen Rates in Rage
Beim nächsten Traktandum gehen die Wogen hoch. Da hat sich doch der Kanton Thurgau tatsächlich getraut, an sechs neuralgischen Stellen auf Kantonsstrassen Tempo-30-Strecken einzurichten. Nur damit die Anwohner:innen ein bisschen weniger Lärm haben. Das Gewerbe wittert schon einen Komplott, der zum Untergang des Abendlandes führen muss. Die «Transpörtler» schreien laut «Schikane!» und die Bauern beklagen, dass die Strassen ohnehin nicht für grosse Maschinen konzipiert sind. Wegen einer Sekunde Zeitverlust reden sich insbesondere Vertreter:innen der rechtsbürgerlichen Parteien während einer Stunde in Rage. Soviel Zeit hätte man in der 30er-Strecke in Bischofszell bei 3600 Fahrten verloren.
Apéro first – der Rest ist Wurst
Eigentlich würden noch mehr Traktanden auf der Tagesordnung stehen. Aber der Apéro wartet. Also schliesst der Präsident die Sitzung und der Politzirkus zieht als Karawane durch das WEGAne Weinfelden zum Stand des Vereins Aach Thur Land zu langer Rede, französischem Weisswein und kalten Minipizzas. Von da geht’s weiter zur «Füürwehrbeiz», wo weiter wacker Reden geschwungen werden. Der Rest ist Wurst.